Translater:
"Die Globalisierung macht die Produkte billiger!"
Profitieren wir wirklich von den billigen Importwaren? Beschert uns die Globalisierung mehr Wohlstand? Erhöht die Globalisierung die Produktivität? Oder werden wir (wieder einmal) nur veräppelt?
Um
den Zollabbau und den damit verbundenen globalen Dumpingwettbewerb zu
rechtfertigen, wird von Politikern und Medien gerne auf die billigen
Importe verwiesen, die dem Verbraucher dank Globalisierung das Leben
erleichtern. "Ohne billige Importe könnte der Normalverdiener
gar nicht mehr existieren - erst die aus den Billiglohnländern
eingeführten Waren sichern seinen hohen Lebensstandard."
heißt es immer wieder.
Derlei Behauptungen sind an Hinterlist und Tücke kaum zu
übertreffen! Denn entscheidend ist nicht, wie sich die Preise
der Fernseher oder Schuhe in den letzten Jahrzehnten dank
produktionstechnischer Innovationen entwickelt haben -
entscheidend ist allein die Veränderung der Kaufkraft,
also die Entwicklung von Arbeitseinkommen und
Lebenshaltungskosten. Es
spielt für sich genommen keine Rolle, ob die Preise für
manche Konsumgüter sich nach unten bewegten. Denn was
nützen die Billigangebote, wenn gleichzeitig auch der eigene
Lohn dem globalen Dumpingwettbewerb unterliegt.
Der einzig wirklich relevante Maßstab ist die Entwicklung der Kaufkraft (bzw. der inflationsbereinigten Nettolöhne). Und die Kaufkraft hat sich leider auch in Deutschland in den letzten 40 Jahren nach unten bewegt. Zwar muss der Mensch heute für den Erwerb eines Fernsehers kürzer arbeiten als früher. Aber dieses trügerische Plus ist irrelevant, weil unter dem Einfluss des globalen Lohndumpingwettbewerbs die Arbeitseinkommen mit den steigenden Lebenshaltungskosten nicht mehr Schritt halten. Dass Fernsehgeräte für sich genommen billiger wurden, bringt unterm Strich nichts und ist auch nicht alleinige Folge der Produktionsauslagerung. Denn als derlei Geräte noch in Deutschland produziert wurden, gab es dank steigender Produktivität und technischer Innovationen ebenfalls einen steten Preisrutsch. Zwar würden im Inland hergestellte Fernseher und Textilien heute teurer kommen als importierte Ware - aber das wäre nicht entscheidend, weil in einem homogenen Binnenmarkt schließlich auch die Arbeitseinkommen parallel zum Produktivitätsanstieg stetig anziehen würden.
Wir
reden hier nicht von abstrakter Theorie, sondern von
nachprüfbaren Zahlen aus der Vergangenheit.
In
einem normalen (durch Zölle vom globalen Dumpingwettbewerb
geschützten) Markt verdoppeln sich die realen Erwerbseinkommen
(also der Wohlstand) etwa alle 25 bis 30
Jahre. Und
reale Einkommen bestimmen nun einmal Kaufkraft und
Lebensqualität, das ist der einzig relevante Gradmesser.
Am
systembedingten produktiven Fortschritt haben auch die üblichen
Begleitumstände des wachsenden Wohlstands (demografische
Entwicklung, medizinischer Fortschritt) in der Vergangenheit nichts
grundsätzlich zu ändern vermocht. Trotz zweier verheerender
Weltkriege, Reparationszahlungen, Hyperinflation,
Weltwirtschaftskrise und zweier Währungsreformen hat sich der
Wohlstand von 1900 bis 1980 in Deutschland mindestens
verfünffacht!
Erst mit
dem Abbau der Zölle Ende
der 1970er Jahre und dem Beginn der Globalisierung gibt es diese
natürliche Wohlstandsmehrung nicht mehr. Seit der Abkehr vom
normalen Welthandel und der Hinwendung zum globalen zollfreien
Dumpingwettbewerb geht es nur noch bergab. Hinter der Behauptung,
die deutsche
Bevölkerung profitiere
von den Billigimporten, steckt mehr als
Augenwischerei:
es
ist die pure Volksverdummung!
Hätten
wir noch Zollgrenzen wie im Jahr 1975, wäre der allgemeine
Wohlstand in etwa doppelt so hoch wie er heute ist.
Damit wären selbst die Wohnkosten ohne staatliche
Stüzungsmaßnahmen für nahezu jedermann stemmbar. Und
sogar für den Erwerb eines Fernsehers und im eigenen Land
hergestellter Textilien müsste man kürzer arbeiten - also
selbst bei diesen Paradebeispielen stimmt die Billigtheorie
nicht.
Ende
der 1970er Jahre konnte eine normaler Facharbeiter in
Deutschland als Alleinverdiener eine ganze Familie
ernähren.
Es
gab keine Massenarbeitslosigkeit, keine prekären
Beschäftigungsverhältnisse, keine Leiharbeit,
keine Ein-Euro-Jobs und keine ausbeuterischen Praktika. Jahr
für Jahr stiegen die Reallöhne und Renten
entsprechend der Produktivität. Trotz höheren
Lebensstandards war es damals nicht nötig, asiatische
Arbeitssklaven in lebensgefährlichen Fabriken für
einen Hungerlohn die Drecksarbeit machen zu lassen. Seit
durch den Zollabbau die Globalisierung so richtig in Fahrt
gekommen ist, geht in den ehemaligen großen
Industrienationen alles nur noch bergab, selbst in den
USA (da gab es keine Kosten der Wiedervereinigung und keine
Vergreisung der Gesellschaft), in Großbritannien,
Japan, Frankreich, Italien usw. Warum wohl geht es all
diesen Staaten trotz aller Anstrengungen, Forschungs- und
Bildungsoffensiven heute schlechter als 1980? Darf
darüber niemals nachgedacht werden?
"Wo
bleibt da die Logik - ausländische Niedriglöhne sorgen doch
nun wirklich für günstige Preise ..."
Nun
werden sich manche fragen, wie es zum schleichenden Niedergang kommen
kann. Es klingt doch mehr als einleuchtend, dass Verbraucher einen
Vorteil aus den Dumpinglöhnen in Fernost ziehen können.
Doch leider wird dieser offensichtliche Nutzen auf andere Art mehr
als aufgezehrt:
1.
Viele Produzenten verdienen sich durch die Billigproduktion eine
goldene Nase!
Die
Verkaufspreise in Deutschland richten sich leider selten nach den
wahren Gestehungskosten, sondern vor allem danach, zu welchem Preis
man die Ware hierzulande losschlagen kann.
Also
betreibt man für teures Geld Markenpflege (ein Gutteil des
eingesparten Geldes fließt in die Werbung) und kann dann in den
Hochlohnländern so richtig absahnen. Man stellt also zum
Beispiel einen Markenartikel für 10 Euro in Asien her und
verkauft ihn hier im Laden für 100 Euro.
2.
Die Kontroll- und Vertriebskosten verschlingen Unsummen!
Wer
im Ausland herstellen lässt, muss jeden Produktionsschritt
penibel überprüfen und weit mehr für die
Qualitätskontrolle ausgeben als hierzulande. Außerdem
fallen weitere Kosten an bei der Bekämpfung der Produktpiraterie
und im Zusammenhang mit einer oft landestypischen schikanösen
Bürokratie, der Korruption, juristischer Fallstricke usw. Hinzu
addieren sich noch die Aufwendungen für den Transport,
Transportversicherungen, eventuelle Vertragsstrafen für
Terminüberschreitungen, notwendige Schmiergeldzahlungen,
Dolmetscher, Juristen, Rechtsstreitigkeiten usw.
3.
Lange Schifffahrtswege stören den Vertrieb!
Eine
Produktion in Fernost bringt auch erhebliche Nachteile beim Vertrieb.
Weil es fast drei Monate dauert, bis die Ware in Hamburg anlandet,
funktioniert die Belieferung der Händler häufig
unzureichend. Durch dieses Handicap verliert der Unternehmer nicht
nur Marktanteile - auch die Endkunden leiden darunter (lange
Wartezeiten und schlechte Lieferbarkeit dringend benötigter
Fertigwaren oder Ersatzteile). Noch schlimmer wird es, wenn durch
unzuverlässige Fernab-Produktion die Endmontage der Geräte
ins Stocken gerät und die Fließbänder in Deutschland
stillstehen. Die gesamte Wirtschaft wird dann durch die komplexe
"internationale
Arbeitsteilung"
ausgebremst und der Staat muss über das Kurzarbeitergeld
für dieses einkalkulierte Risiko auch noch geradestehen.
4.
Die Sozialkosten schießen in die Höhe!
Wegen
des Exports von Arbeitsplätzen verzeichnen wir in Deutschland
allein sechs Millionen Alg-I und Alg-II-Bezieher
-
abgesehen von Millionen weiterer Erwerbsloser, die keinerlei
staatliche Unterstützung erhalten und Millionen aus den
Arbeitslosen-Statistiken verdrängten Frührentnern und
Altersteilzeitlern, Umschülern, Gratis-Praktikanten usw. Auch
diese Folgekosten der Produktionsauslagerung müssen
natürlich irgendwie umgelegt werden, sie verringern die
Nettoeinkommen und damit die Kaufkraft.
5.
Das bei den Löhnen eingesparte Geld landet häufig in den
Taschen der Spekulanten ...
Weniger Geld
bei den Erwerbseinkommen der Arbeitnehmer und Selbständigen -
dafür ein steiler Anstieg bei manchen Kapitalerträgen.
Abermillionen Spekulanten und Investmentbanker verdienen sich im
globalen Spielkasino dumm und dämlich. Im Grunde handelt es sich
bei dieser Umverteilung um Geld, das der arbeitenden Bevölkerung
entzogen wird und letztlich
zum Sinken der allgemeinen Kaufkraft
beiträgt.
Dabei erweist sich diese Umleitung der Geldströme für den
wirtschaftlichen Ablauf als katastrophal: Der gesunde Geldkreislauf
ist gestört - einer steten Erhöhung der
Produktivität steht die nachlassende Kaufkraft der
Bevölkerung gegenüber. Und das immer reicher werdende
Großkapital weiß oft gar nicht mehr, wohin mit dem Geld,
findet keine lohnenden Investitionsmöglichkeiten mehr. Ein
Großteil des realen Barvermögens liegt brach, wird dem
Wirtschaftskreislauf entzogen und die Zentralbanken versuchen mit
einer abenteuerlichen
Billiggeldschwemme
dagegenzuhalten. Das wiederum führt zu manipulativen
Wechselkursen und Inflationsraten. Insgesamt betrachtet: Ein
Teufelskreis, der ins Verderben führt!
6.
Das unkontrollierbare globale Dumpingsystem führt immer wieder
zu Spekulationsblasen!
Wie
im vorigen Absatz erläutert, führt der unkontrollierbare
Freihandel von Waren, Dienstleistungen und Finanzen
naturgemäß immer wieder zu heftigen Spekulationsblasen.
Mit frischgedrucktem Billiggeld der Notenbanken wird die
Blasenbildung noch zusätzlich angeheizt. Spekulationsblasen
sind langfristig pures Gift für die betroffenen
Volkswirtschaften, weil sie naturgegebene wirtschaftliche
Abläufe behindern. Häufig sind die unbedarften
Kleinanleger wieder einmal die Dummen (die Sparer werden wegen des
staatlich erzwungenen niedrigen Zinsniveaus schleichend enteignet).
Wenn die Spekulationsblasen schließlich platzen, ist es
wieder der Steuerzahler, der für die Fehler seiner Politiker
(die Folgen des globalen Dumpingwettbewerbs) aufkommen
muss.
Die
sechs obigen Punkte veranschaulichen, warum die scheinbaren
Billigimporte den Hochlohnländer in Wirklichkeit teuer zu
stehen kommen. Die Schreckensbilanz der realen
Lohnentwicklung ist also kein Trugschluss. Es lässt sich
durchaus erklären, wo das Geld bleibt und wieso die
Billigimporte uns letztlich schaden. Um es noch einmal
abschließend in einem Satz
auszudrücken:
Die Folgekosten für die organisierte Ausbeutung der
Arbeitssklaven in den Billiglohnländern sind ungleich höher
als die direkte Einsparung bei den Arbeitskosten.
Das
globale Dumpingsystem ist somit ineffizient!
Dabei blieben im obigen 6-Punkte-Katalog sogar wesentliche
Begleitumstände unberücksichtigt. Zum Beispiel verursacht
der überflüssige Warentourismus gravierende
Folgeschäden (nachhaltige Umweltbelastung,
Klimaveränderung, eingeschleppte Seuchen und Krankheiten usw.).
Eine lückenlose Bilanzierung würden den Wahnsinn der
Globalisierung noch weit mehr verdeutlichen.
"Wer als Politiker oder Journalist behauptet, die deutschen Verbraucher profitieren von den Billigimporten, hat entweder keine Ahnung oder täuscht ganz bewusst die Bevölkerung."
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Impressum
©
Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung
Februar 2009
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred Julius Müller
Geht
es in unserer Demokratie am Ende nur um den Machterhalt der
etablierten Parteien? Damit sich an eingefrorenen
Grundsätzen (EU, Euro, Zollfreihandel, Kriegsbeteiligungen,
antinationale Multikulti-Ideologie usw.) nichts ändert? Auch
wenn dadurch sich der seit
1980 anhaltende Niedergang
Deutschlands
weiter fortsetzt?