"Die Globalisierung erschließt riesige Absatzmärkte!"
Die
Kapitallobby stützt ihre einseitige Begeisterung für die
Globalisierung immer wieder auf zwei Hauptargumente:
Das
erste lautet: "Deutschland profitiert als Exportweltmeister am
meisten von der Globalisierung". Diesen Unsinn habe ich bereits
an anderer Stelle ausführlich entkräftet
(siehe
Exportweltmeister).
Als
zweites "Beweismittel" für die vermeintlichen Vorteile der
Globalisierung wird immer wieder mit Nachdruck auf
die
Entwicklung gigantischer asiatischer Absatzmärkte
verwiesen.
Aber auch diese Aussage entpuppt sich bei näherer Betrachtung
als absolut irreführend und dummdreist. Ich möchte dies
näher erläutern.
1.
Die westlichen Produkte sind in der Regel für asiatische
Arbeitssklaven viel zu teuer!
Sowohl
der indische wie auch der chinesische Durchschnittsverdiener kommt
bei einer 60-Stunden-Arbeitswoche kaum über einen Verdienst von
300 Euro hinaus. Dieses Geld langt in der Regel gerade zum
Lebensunterhalt - an den Kauf von teuren importierten Konsumartikeln
ist bei diesem Hungerlöhnen nicht zu denken.
2.
China kann nahezu alles zu einem Bruchteil des Preises
herstellen!
Die
Produktionskosten sind in China um ein Vielfaches niedriger als hier,
auch wenn die Automatisierung teilweise noch nicht so weit
fortgeschritten ist. Warum sollte ein Chinese für ein
fremdländisches Produkt einen aus seiner Sicht völlig
überzogenen Preis zahlen, selbst wenn er das Geld dazu
hätte?
Selbst für die besser bezahlten Ingenieure sind echte deutsche
Produkte im allgemeinen zu teuer. Allein die Neureichen können
sich die teuren ausländischen Statussymbole leisten. Aber dieser
Markt ist natürlich begrenzt und nur für wenige deutsche
Exporteure von Bedeutung.
3.
Chinas Produkte werden immer besser!
Die
Chinesen lernen schnell und gut. Sie schauen sich genau an, was der
Weltmarkt zu bieten hat und orientieren sich an den renommiertesten
Markenherstellern. Deshalb wird die Qualität ihrer Produkte
immer besser. Jährlich verlassen Millionen engagierte und gut
ausgebildete Ingenieure, Forscher, Wissenschaftler, Betriebswirte,
Manager usw. die Universitäten, um chinesische Produkte noch
besser und erfolgreicher zu machen.
Wie kann man ernsthaft annehmen, bei einem ständig sinkenden
Qualitätsvorsprung irgendwann einmal Chinas
Durchschnittsverdiener für westliche Produkte begeistern zu
können, wo doch die eklatanten Preisunterschiede sich kaum
ändern.
4.
Das asiatische Lohndumping hört nicht
auf!
Die
westlichen Arbeitnehmer versucht man seit 1990 zu beruhigen, indem
man ein rasches Ansteigen des asiatischen Lohnniveaus prognostiziert.
Man will uns also einreden, dass einerseits die Kaufkraft der Inder
und Chinesen rasch ansteigt (so dass sie sich bald auch westlichen
Luxus leisten können) und sich andererseits die dortigen
Lohnkostenvorteile Jahr für Jahr verringern.
Verschwiegen
wird: Das Arbeitskräftepotential in Asien ist bislang nur zu
einem Bruchteil ausgeschöpft. Solange noch Hunderte von
Millionen Inder, Chinesen, Vietnamesen, Bengalen usw. auf Jobsuche
sind, kann ein fairer Interessenausgleich zwischen Arbeit und Kapital
gar nicht stattfinden.
Erst bei einer Verknappung des Arbeitskräfteangebots wäre
mit einem deutlichem Ansteigen der Löhne zu rechnen. Aber selbst
wenn das rasante Wirtschaftswachstum in den beiden
bevölkerungsreichsten Staaten nicht nachlässt, wird das
Überangebot an Arbeitskräften auch in 30 Jahren noch
längst nicht beseitigt sein.
Außerdem: In China kann schon wegen der fehlenden freien Gewerkschaften der normale Lohnanpassungsprozess nicht stattfinden. Man sieht es doch, was sich in den letzten 15 Jahren abgespielt hat: Obwohl sich Chinas Produktivität vervielfacht hat, haben sich die Löhne vieler Wander- und Fabrikarbeiter nur bescheiden verändert. Lediglich die chinesischen Spitzenkräfte (Manager, Wissenschaftler, Ingenieure) verdienen deutlich mehr als früher.
Fazit: Wegen seinem riesigen Reservoir an Arbeitskräften und seiner Diktatur ist China mit anderen aufstrebenden Nationen wie z. B. Südkorea nicht zu vergleichen. In Südkorea konnten die Löhne schnell anziehen und somit wuchs dort auch ein für ausländische Anbieter interessanter Absatzmarkt. In China aber läuft das alles anders.
5.
Die Dumpingwährungen wirken wie ein gigantischer Einfuhrzoll
Die
tatsächliche Kaufkraft in China ist etwa viermal höher, als
es das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen vermuten ließe. Das
bedeutet: Die chinesische Währung ist dermaßen
unterbewertet, dass schon deshalb Importe im normalen Konsumbereich
nahezu vollständig abgeblockt werden. Die
chinesische Dumpingwährung hat dieselbe Wirkung wie ein
Einfuhrzoll in Höhe von
300
%.
Wenn
das Währungsdumping noch nicht zur Abwehr der Konsumimporte
langt, wird mit einem deftigen Zoll noch draufgesattelt (bei PKW z.
B. 25 %).
6.
Auch auf die westlichen Maschinen wird China eines Tages verzichten
können!
Noch
hat der deutsche Maschinen- und Anlagenbau einen guten Ruf und vor
allem einen Technologievorsprung. Aber die Chinesen sind nicht
blöd und können zudem strategisch denken. Sie bestellen
Maschinen für die Produktion, aber auch in der Absicht, sie
eines Tages nachbauen zu können. Dabei kommt ihnen zugute, dass
Technologieklau in China kein besonders scharf verfolgtes Vergehen
ist, wenn es um das Wohl der eigenen Volkswirtschaft geht.
Aber
schon bald werden die Chinesen das westliche Know-how gar nicht mehr
brauchen. Ihre aufstrebenden Forschungsabteilungen werden die
westlichen Maschinen weiterentwickeln und China wird zur Ideen- und
Patentschmiede der Welt werden (diese
Rolle hatten überhebliche Politiker eigentlich Deutschland
zugedacht).
Nach Sättigung des einheimischen Marktes wird man eines nicht
mehr fernen Tages auch den Weltmarkt mit konkurrenzlos günstigen
Maschinen und Produktionsanlagen versorgen können (solange es
dem Regime dienlich scheint). Für die Zukunft ist also selbst
der Sektor, in dem Deutschland heute noch Exporterfolge feiert,
weitgehend verloren.
7.
Wenn es in China in einigen Jahrzehnten Löhne auf westlichem
Niveau geben sollte, wird von den westlichen Industrien kaum etwas
übrig sein.
Wenn
man so große Hoffnungen auf den indisch-chinesischen
Konsummarkt setzt, dann sollte man sich doch einmal vorher
überlegen, welche Produktionsbereiche es in 20 oder 30 Jahren in
Deutschland und anderen Hochlohnländern überhaupt noch
geben wird.
Schon
heute werden in Deutschland kaum noch Textilien, Schuhe, Computer,
Handys, Kameras usw. hergestellt. Die Produktion von Haushaltswaren
schrumpft ebenfalls von Jahr zu Jahr, in anderen Branchen sieht es
kaum besser aus.
Was meint man, den kaufkräftigen Chinesen in 20 Jahren bieten zu
können? Flugzeuge, Autos? Den Flugzeugbau können wir schon
heute nur mit hohen Subventionen im Lande halten. Und die
Autoindustrie ist in China auch längst aus den Kinderschuhen
herausgewachsen.
Die
meisten Industrien sind in Deutschland bereits
ausgestorben...,
aber wir trösten uns damit, dass es in vielen anderen
europäischen Staaten noch viel düsterer
ausschaut.
Der
Westen muss aufwachen!
Chinas
Führung verhält sich ausgesprochen clever, was man von den
westlichen Regierungen leider nicht behaupten kann. Im Westen
scheinen immer noch die Konzerne und das Großkapital das Sagen
zu haben.
Aber wenn der Westen nicht untergehen will, muss er handeln und die
unselige Globalisierungspolitik beenden. Selbst auf die Gefahr hin,
dass die Global Player ihr
einträgliches
System der weltweiten Ausbeutung von
Arbeitskräften
dann
nicht mehr so effizient wie heute betreiben können.
Keine
falsche Scham vor protektionistischen
Maßnahmen!
Vor
allem China hat sich in den letzten 25 Jahren prächtig
entwickelt, auch aufgrund seiner zahlreichen protektionistischen
Maßnahmen (z. B. Währungsdumping). Der Westen darf diesen
Tatbestand nicht länger ignorieren und
so
tun, als lebten wir alle in einer heilen und vollkommenen
Welt.
Die Hochlohnländer müssen endlich Gegenmaßnahmen ergreifen und ihrerseits Mehrwertsteuern, Zölle oder ähnliches anheben. Dies muss natürlich behutsam und schrittweise erfolgen, damit kein Chaos entsteht und die asiatischen Wirtschaftswunderstaaten Zeit haben, ihre Absatzmärkte neu auszurichten. Weltweit muss man lernen, mehr für die eigene Bevölkerung und weniger für den Export zu produzieren.
Zerstörte
Branchen lassen sich kaum regenerieren.
Man
sollte endlich eingestehen, dass Industrien, wenn sie im eigenen Land
erst einmal ausgerottet wurden, nur mühsam wiederbelebt werden
können. Das erforderliche Know-how ist in ausgestorbenen
Branchen einfach nicht mehr vorhanden - es kann nicht auf Knopfdruck
wieder hervorgezaubert werden, falls sich die Lohndifferenz zu
anderen Ländern einmal verringern sollte.
Nachtrag,
August 2016:
Die
Ruhe vor dem Sturm...
Noch
scheint in Deutschland alles im grünen Bereich, die Wirtschaft
läuft einigermaßen, auch wenn die Erwerbseinkommen seit
1980 sinken. Die Bevölkerung nimmt aber kaum wahr,
mit
welch abenteuerlichen Verzweiflungstaten wir uns derzeit über
Wasser halten
(Minuszinsen, Billiggeldschwemme, Währungsdumping).
Informieren
Sie sich!
Der gut
geschmierte, kapitalistisch geprägte Propagandaapparat versucht
mit allen Mitteln, vom Natürlichem und Naheliegendem abzulenken
und den gesunden Menschenverstand auszuschalten. Das Ziel ist, vom
Irrweg des totalen Freihandels abzulenken und
andere Gründe für den deutschen Niedergang vorzuschieben
(Bildungsmängel,
Wiedervereinigung, Demografie, Kündigungsschutz usw.).
Allen ideologisch Unbelasteten, die sich ausführlich und
wertneutral über die Zusammenhänge in der Weltwirtschaft
informieren möchten, die wissen möchten, wie auch
Deutschland das Blatt wieder wenden kann, empfehle ich
"DAS
KAPITAL und die Globalisierung".
Dieses Standardwerk kennt kein Pardon und keine falschen
Rücksichtnahmen auf Lobbygruppen.
Schonungslos werden die gravierendsten Missstände
bloßgelegt - vor allem aber werden überzeugende
Problemlösungen aufgezeigt.
Eine
herzliche Bitte: Sollte Ihnen dieser Artikel
(https://www.globalisierung-welthandel.de/absatzmaerkte-welthandel.html)
gefallen haben, empfehlen Sie ihn bitte weiter. Denn nur die
allgemeine Aufklärung der Bevölkerung ebnet den Weg
für notwendige Veränderungen.
Es dankt Ihnen Manfred J. Müller
Home
(Eingangsseite
www.globalisierung-welthandel.de)
Impressum
©
Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). April 2010
Manfred Julius Müller analysiert und kritisiert seit 40 Jahren weltwirtschaftliche Abläufe. Er ist Autor verschiedener Bücher zu den Themenkomplexen Globalisierung, Demokratie, Kapitalismus und Politik.
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred Julius Müller
Geht
es in unserer Demokratie am Ende nur um den Machterhalt der
etablierten Parteien? Damit sich an eingefrorenen
Grundsätzen (EU, Euro, Zollfreihandel, Kriegsbeteiligungen,
antinationale Multikulti-Ideologie usw.) nichts ändert? Auch
wenn dadurch sich der seit
1980 anhaltende Niedergang
Deutschlands
weiter fortsetzt?